Unser Mathias Böttcher lief seinen ersten Marathon in Düsseldorf
Klasse Leistung und ein bewegender Bericht von Mathias vom Marthon Düsseldorf mit seinem Schatz (Margret T.) Von 0 zum Marathon
2014 begann nochmal ein neuer Lebensabschnitt für mich, mit neuem Schatz. Schatz hatte da bereits irre Lauferfahrung und ich ? Ich konnte zu dieser Zeit zum Bäcker laufen, was denn aber GEHEN war. Dauerlauf kannte ich allenfalls vom Schulsport (das waren damals jene Rundenläufe auf dem Schulhof, wo man sich die eine oder andere Runde hinter Bäumen und Büschen verstecken konnte). Schulsport in Form von 30 Minuten am Stück Laufenlaufenlaufen … Tierquälerei !!! Sportlich war ich also der Durchschnittstyp, konnte aber Highlights vorweisen, wie 3.000-m Schwimmen oder 3.000-km Fahradtour. Wenn ich schon Laufe, dann müsste es irgendwas mit 3.000 sein.
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Aber, Schatz zu beeindrucken, dachte ich, wäre ein 3.000-m-Lauf schon ein bisschen lächerlich, auch 3.000-Sekunden Lauf … einfach zu wenig. 2015 begleitete ich Schatz zu einer ihrer „kleineren Laufeinheiten“ auf ihre Lieblingsstrecke. Natürlich besaß ich damals weder Laufschuh noch Kondition, wollte aber mitmachen und Guten Willen statt Schwäche zeigen … die stellte sich erst bei Runde 2 von 17 ein. 2016 verschlug es Schatz und mich nach Xanten und Schatz suchte hier Anbindung an einen Lauftreff … einfach zum Laufen und zum Treffen.
Damit es sich jeder merken kann, nannte der sich „Lauftreff-Xanten“, kurz LTX. Überhaupt gab es hier ganz viel mit X, APX,FPX,DBX,GMX,BMX und vielleicht erfahre ich ja irgendwann, ob das nur Zufall ist. 2017 im August hörte ich dann von einem Anfängerkurs, der alljährlich im April startet. Verheißungsvoll für mich war, daß dieser Kurs nicht allein nur für Anfänger geeignet war, sondern auch für alle, die das werden wollen … also genau richtig für mich, nur etwas spät ! 2018 war es endlich soweit, meine Entscheidung zum Laufen (ge)fiel.
Indersport Abteilung des Moerser Herrenausstatters Grün (Name aus Datenschutzgründen geändert) kaufte ich für 50 € ein paar Treter und für zehn weitere Mäuse bei Alldie (Name wiederum geändert) bekam ich ein Funktionsshirt mit Hose dazu … somit war ich top ausstaffiert. Von den Lauftrefflern freundlich aufgenommen, ging es dann los. Die Coaches Conny und Hermann machten das sehr verständnisvoll von Anfang an. 500-m Laufen + 200-m Gehen, immer abwechselnd. Wirklich schlimm ist das ja garnicht mit dem Laufen, dachte ich. Tage später kam schon mal ein Streckenlauf mit 1-km. Irgendwie gewöhnte ich mich recht schnell an Mehr und lauschte (wie alle Anderen auch) Hermann bei seinen Ausführungen zu Körperhaltung und (!) Armstellung. Vom Dehnen, Strecken, Recken vor und nach dem Lauf erfährt man ja schließlich nicht beim Brotbacken, auch hier war ich gut beraten, aufzunehmen was die Coaches da zeigten und erklärten.
Ja, es hält schon genau auf so einem Langlauf, wenn man mit Energie haushalten muss, damit sie bis zum Ende reicht … aber das sollte ich erst viel später am eigenen Bein erfahren. Stolz lief ich bis zu 2.500-m am Stück, kurze Entspannungsübung und zurück, das war doch schonmal eine Leistung. Irgendwann sagte Schatz ganz beiläufig, daß es in Emmerich einen 5-km Volkslauf gäbe, fragte wie fit ich denn sei. Sie wollte einen Rollifahrer auf dem Parcours begleiten, für mich mal eine Gelegenheit in so eine Veranstaltung hineinzuschnuppern. Ich glaubte, das könnte für mich zu schaffen sein. Wissen statt Glauben, dafür musste ich vorher einmal um die Südsee Laufen (ungefähr 7-km) und das bekam ich sogar hin. 2018 am 6.8. lief ich also beim 9.Firmenlauf in Emmerich die 5-km, teils schiebend, teils bremsend und lenkend hinter dem Handbike her und belegte nach 35:42 Min. Platz 1027 (von ca.1028 Teilnehmern). Meine Erste Stolze Urkunde … ich hab sie heute noch ! Im Weiteren hatte ich begonnen, auch neben dem LTX, eigene Läufe zu unternehmen … aus gutem Grund. Mehr und mehr bemerkte ich Probleme bei Läufen an die 10-km Marke heran, daß ich mit Sodbrennen und ganz anderen Hindernissen zu tun bekam. Sehr viel musste ich variieren, um erstmal die Ursachen herauszufinden. Durch die Selbstbeobachtung lernte ich meinen Körper in seinem Leistungsverhalten gut kennen. 2018 im Oktober fasste ich einen folgenschweren Entschluss.
Da ich vor 56 Jahren in Düsseldorf meine ersten Gehversuche machte, fand ich es äußerst passend, genau an diesem meinem Geburtsort jetzo meinen ersten Laufversuch zu unternehmen. „Gaaar kein Problem, das zu schaffen“ immerhin waren es ja lockere 6 Monate für die Vorbereitung. Zwar lag mein bis dahin längster Lauf 10-km bei 1:04:00 (Pace 6:21) aber ich hatte ja noch soooooooooooo viel Zeit zum trainieren und 6:21 ist ja nicht ganz übel. Da ich grundsätzlich ohne Pulsuhr lief, brauchte ich einen anderen Erkennungsmodus für die Lastdosierung (Höchstleistung vs. Cardio) und fand eine für mich absolut sichere Methode.
Schatz versuchte so an die 2 Dutzend mal, mir das genialste Programm für die Marathon-Vorbereitung anzupreisen. Ich selbst war aber der Meinung, die ich auch vertrat, daß jeder Mensch anders ist und daß deshalb selbst der erfolgreichste Masterplan von Champion Müller, nicht zwangsläufig auch für Meyer (Name geändert) passen muss. „Du wirst schon sehen, wie weit Du mit Deiner wissenschaftlichen Methode kommst“ und „… ich habe schon viele Läufer auf der Strecke und im Ziel zusammenbrechen sehen … „ (Schatz-Zitat-Ende).
Naja, wissenschaftlich war meine Methode nicht gerade, allenfalls ein paar Zellen im Ecksel (Name geändert) programmierte ich, um auf Dauer den Überblick zu behalten. Zu diesem Zweck bekam ich ihre gute gebrauchte Laufuhr. Ja, ich wollte Laufen, aber ohne viel Elektronik und schon garnicht mit freundlicher Unterstützung von Pharma und Co.KG, nichtmal die viel gerühmte „Aspirin vor dem Lauf“ … ich wollte es schaffen, aber nicht um JEDEN Preis. 2018 im November, nach einem kanarischen Erholungsurlaub ging es los, nun waren die Monate bereits auf 5 geschrumpft … achja, bei der Anmeldung zum Metro-Marathon musste ich die geplante Zielzeit angeben. Da ich „gar keinen Plan“ hatte, tippte ich zum Spaß 4:56 ein und fand das auch noch lustig. Weniger lustig war aber, daß die Außentemperaturen inzwischen an die 0°C Marke herangesunken waren und daß es zudem häufiger regnete, als daß es für mich „Schönwetterläufer“ gut gewesen wäre. Nach einer Reihe von sich steigernden 10–15–18–10–km Läufen vollzog ich 2018 am 3.12. meinen Ersten Halbmarathon … wieder bekam ich schon nach dem 1.km Sodbrennen und ab Lieblingscafe (Name nicht geändert) nagte eine Blase unter der Sohle. Vom Klever Tor ging es über den Alleenradweg bis Ende rechts, Schießstand Appeldorn rechts über die Felder, am Cafe rechts bis Deich-Ende, Campingplatz, Jugendherberge und auf dem Südlichen Seeweg nach Hause. 2 Stunden 30 Minuten und ich wusste, daß - A ich neue Schuhe brauche und - B es trotz neuer Schuhe nicht leichter wird. Die Erkenntnis war geboren, daß mich ein Halbmarathon an die Grenze der Erschöpfung brachte, ich froh war, im Anschluss überhaupt noch nach Hause GEHEN zu können und daß ein Ganzer Marathon ja immer aus zwei Halben besteht. Mittlerweile hatte es sich jedoch herumgesprochen, daß ich einen Marathon vorbereite. Ich war selbst Schuld daran, wollte mir damit den nötigen Druck zum Durchhalten aufbauen. Bis Jahresende bekam ich noch neue Laufschuhe mit durchschlagendem Erfolg ! Die regelmäßigen Blasen an den Füßen traten nun an ganz anderen Stellen auf – Prima ! Zum Glück brach auch noch die Laufuhr zusammen. Ich probierte Einige Modelle, bis ich etwas zuverlässiges mit großen Ziffern (die Brille sollte zu Hause bleiben) fand.
Am 31.12. nahm ich zusammen mit anderen LTX-is am Silvesterlauf teil. Sehr schön und höchste Zeit, sich mal wieder sehen zu lassen … da meine Beine mittlerweile besser waren als meine Augen, vermied ich die Läufe mit Stirnlampe und besuchte die Lauftreffs Dienstag und Donnerstag 19:00 Uhr eigentlich schon länger nicht mehr. 2019 Januar war außer Regen, Wind und Kälte nicht viel los. Einen Halben und einmal 25-km bekam ich noch hin. Ganze 3 Monate bis zum Showdown und ich hab noch nix auf der Reihe. Am 30.1. (sagt Ecksel) habe ich 202-km Laufleistung hinter mir … keine Frage, was Experten (zB.Schatz) dazu sagen, aber die fragte ich aus Sicherheitsgründen erst garnicht. Alles wird gut (irgendwann). 2019 am 8.Februar wagte ich meinen ersten 30-er. Vom Klever Tor über Alleenradweg, Campingplatz Bremer, Labbeck, rechts übern Sonsbecker Berg, links Richtung Veen, links Labbeck, Bremer, ARW zurück. 3:35:28 habe ich gebraucht, quasi ab km-27 bis nach Hause gegangen … was soll das bloß werden ??? Nach 10 Tagen mit zwei kurzen Zwischenläufen lief ich erneut die Tour, etwas geändert bekam ich immerhin schonmal 33-km zusammen. Diesmal standen 3:56:35 auf‘m Tacho, also eine Pace von 7:10, wobei ich bedauerlicher Weise wieder ab km-27 Gehen musste … Hauptproblem die Hüpften. Was mir für Februar erstaunlich gut gefiel, war das Wetter mit trockenen 11°C.
Erneut bei 11°C lief ich am 3.3. 32-km mit einer Gesamt-Pace 6:57 und am 19.3. wurde ich übermütig : Schatz musste mich am Bahnhof Emmerich aussetzen und ich hatte nur eine Wahl : nach Hause Laufen. Es gab Klasse Wetter, die Sonne war mir ein treuer Begleiter bis km-16, sprich Reeser Brücke. Dort ging noch alles gut, sodaß ich rechts abbog, die Rheinstraße bis Kalkar Schinken-Arntz-Kreisel lief. Irgendwie hatte ich im Kopf, dies sei die 32-km Strecke laut Guckel-Maps (Name ähnlich) doch ich irrte. Nein, nicht verirrte, die Route war schon klar, immer B57 bis Ende Alleenradweg bei km-29. Heim kam ich nach 37-km, 4:21:55 und einer Pace von 7:05. Völlig kaputt aber im Tale grünte Hoffnungsglück denn ich wusste, daß nun endlich echte Aussicht bestand, mit einer Schließzeit von 6 Stunden klarzukommen. Ganz neu für mich war, daß ich zwar ab km-29 Gehen musste, aber km-32 aber mit Gehpausen wieder Laufen konnte … das war doch mal ‘ne Aussicht !
Am 1.4. (kein Scherz) versuchte ich einen sehr langen Lauf, brach aber am (besser als im) Röschen (kein Scherz) zusammen und musste mich mit 30-km zufrieden geben, irgendwas midde Knöchel. Am 12.4. meine letzte Chance vor der Großen Vorlaufpause (womit ich wirklich mal auf den Expertenrat von Schatz hörte). Eisige 6°C und Schauer – so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Doch konnte sich das Ergebnis sehen lassen, 31-km mit Pace 6:55 (ich wollte offenbar einfach nur schnell nach Hause bei dem SCH…wetter). Insgesamt hatte ich nun 6 Langläufe zu 30-km in den Beinen und 520-km sind seit 6 Monaten zusammen gekommen. Egal, ob das jetzt gut oder ausreichend ist, es ist eh zu spät ! Am 24.4. lief ich meine letzte 5-km Kurzdistanz und erfuhr bei 24°C Schreckliches : Die Erkenntnis, daß ich immer nur bei Kälte und meißt bei trüber Wolkendecke gelaufen bin … Sonne pur und Hitze kannte ich nicht.
Vier Tage vor dem Ereignis wusste ich plötzlich, daß ich keinste Chance habe, bei so heißen Temperaturen das Ziel zu sehen. „Der große Tag Marathon“ oder „Bin ich verrückt ?“ Es „geht“ los. 2019 am 28. April wecke ich den Wecker um 5:30 und frühstücke sehr ausgiebig. Für mich die einzige Möglichkeit, abgesehen von einem Nüchternlauf, nach 3,5 Stunden zu starten und auf die Weise ganz ohne Sodbrennen durchzulaufen. Als wir losgehen, sage ich noch „ … ist das lustig „ und das ist es ja auch (noch). Schatz und ich fahren zum P+R und weiter mit der S-Bahn bis D-Hbf. Schatz ist tiefenentspannt (Sie läuft heute ihren 30. Marathon) und ich bin angespannt wie‘n Rennpferd. Vom Bahnhof aus geht es zu Fuß straight über die Kö bis zum Burgplatz Altstadt. Unterwegs kommen wir am bereits laufenden Halbmarathon vorbei … wie ergreifend ! Während Schatz an einer halbstündigen Dixi-Schlange ansteht, hole ich Startnummer und Kleiderbeutel (Kleider machen schließlich Leute). Wegen der angesagt kühlfeuchten Witterung lasse ich die Laufjacke überm Laufshirt. Die Verpflegung (Sprudel mit Proteinriegel und 4 Riegeln Schokolade (man kann ja nie wissen)) trage ich in einer Art Handtasche, Messgerätecover, in der Hand. Zusätzlich habe ich einen Beckengurt, wo Schlüssel und Telefon sicher liegen … achja, Telefon ?
Schatz will UNBEDINGT sorgenfrei laufen und so muss ich (ist ja mein Premierelauf) sie alle 2 Stunden anrufen. Wir unterqueren nun die Oberkasseler Brücke, Tonhalle, gehen die Rheinpromenade entlang zum Ende der Aufstellung (genannt Startbereich). Dort treffen wir auf unsere LTX-Kollegen und freuen uns diebisch. Ich mache noch ein paar Streckübungen, damit Conny und Hermann auch sehen, was ich gelernt habe … jawohl ! Angesichts der prekären Situation mit viel zu langen Wartezeiten der Kleiderbeutel-Abgabe und den bereits erwähnten Dixi-Schlangen, wird der Start um 15-Min. auf 9:45 verschoben … oder aus anderen Gründen.
Es „läuft“ an. 2019, April, 28, 9:45, fünf, vier, drei, zwei, eins, peng … und es passiert nichts. Erstmal nicht. Ich binde meine Schuhe nochmal neu, waren etwas zu fest für meine Nervosität. Oh – ich hatte vergessen meine Uhr zu aktivieren – jetzt sehe ich auch schon die Schleife der Zeiterfassung, etwa 50 Meter sind es noch. Der Startbereich ist nun bereits läuferleer und hunderte Auge ruhen auf mir, ich kann es fast hören „warum läuft DER denn nicht ?“ Beeep-GPS-Signal gefunden tönt meine Uhr, dann fasse ich mir ein Herz, drücke den Startknopf und laufe ganz entspannt über die Beeep-Leiste. Schöner ruhiger Lauf, nur vereinzelt höre ich die Gespräche anderer und der Boden scheint Flüsterasphalt zu sein. Natürlich laufe ich in der Menge die ganz andere Pace 6:06, die vorigen 30-er startete ich immer mit 5:15 plus-minus. Wann immer vor mir eine Lücke frei wird, überhole ich galant. Bei km-4 erreichen wir das Messegelände und rechts in den Büschen sehe ich immer öfter Läufer, die an der Blauen Box (Dixi-Schlange) offenbar keine Schanze mehr hatten.
In Höhe Aquazoo Löbbecke gibt es am km-5 die erste Wasserstation, die ich auch nutze. Stilles, Sehr Stilles Wasser gab es, aber es tat gut. Und weiter, ich bin ja nicht auf Kur. Da ich beim Trinken Gehe, fällt die Pace auf 6:28 zurück, sonst um die 6:10. Etwa km-7 kommen uns die Staffel-Läufer entgegen, die waren wohl 10:15 Uhr gestartet. Auf die Frage „welche Strecke laufen Die denn “ sage ich : „Die folgen uns und wir haben Die gleich am Hintern“. Auf Ulmenstraße, Nähe ehemals Ulmer-Höh, liegt km-10 mit Beeep-Leiste und Verpflegung, wieder wird es Sehr Still um das Wasser. Ich sehe offenbar Ehrenamtliche mit so Gartenschläuchen Wassertanks füllen und mich beschleischt ein Gefühl.
Sollte das hier etwa Stadtwasser sein ? Schmecken tut es jedenfalls kein bißchen mineralisch … könnt wohl sein. Etwa km-11 ist es soweit und die Zeit des ruhigen Laufes ist vorbei. Ständig wird geschlängelt und gedrängelt, die Innenradien sind immer „ausgebucht“ und ich tröste mich mit dem Gedanken daß ich selbst noch mit meiner Anfangs-Pace 6:14 laufe und „DIE DA“ sind ja gerade erst gestartet (der 1.Staffel-Wechsel liegt bei etwa km-11). Den Anstieg zur Oberkasseler Brücke bei km-13 Gehe ich, kaue dabei einen Igitt-Riegel und nehme einen Schluck Sprudel aus der eigenen Handtasche (sehe dabei aus wie‘n Tippelbruder mit Trinktüte). Eiskalter Gegenwind überm Rhein, das blieb mir in der Stadt bislang erspart und ich weiß, daß die Jacke richtig angelegt ist und aller Wahrscheinlichkeit nach heute angelegt bleiben wird. Luegallee, hier wohnte früher mal ‘ne Tante (Ulmenstraße übrigens auch eine … aber NICHT Ulmer-Höh !!!) und ich erkenne die Gegend wieder (andersrum bin ich jetzt nicht sicher). Immer wieder gibt‘s was auf die Ohren, Samba-Bands, auch Livemusik, einige sind sehr schön anzuhören und spielen einen guten (Lauf)takt, bei Anderen laufe ich plötzlich viel schneller. Aber gut, ich will ja weiterkommen. Bei km-14, kurz vor Belsenplatz ein sehr bekanntes Gesicht. Emma, meine Große steht an der Strecke … ich freue mich so und nehme sie in meine verschwitzten Arme. Wir plaudern auf Kosten der Pace 7:09 und schließlich muss ich weiter „Grüß Mama lieb und sag ihr bitte, daß es mir ausgezeichnet geht“ rufe ich noch. Dann geht‘s übern Belsenplatz nach Niederkassel, Seestern, entlang dem (auch von der Kirmes) bekannten Rheinufer … Noblesse oblige, da wo selbst die Putzfrau (in Oberkassel „Raumkosmetikerin“ genannt) mit Jaguar vorfährt. Zuschauer gibt’s hier natürlich nicht, Laufen ist ja irgenwie auch viel zu trivial.
Justament dort erreicht mich die 2-Stunden-Marke, ich krame das olle Handy heraus und sehe nichts. Sonne auf‘m Display … nichts geht. Ich suche Schatten und endlich gelingts, Schatz anzurufen. Ich verstehe sie gut, aber Sie versteht mich nicht … niemand versteht mich und das kostet mich jetzt auch noch 3 wertvolle Minuten. Ich Laufelaufelaufe weiter, vorbei an der Jugendherberge bei km-20 und wieder gibt’s Sehr Stilles Wasser. Belsenplatz endlich der lang ersehnte HM-Beeep, Bergfest, von jetzt an geht’s bergab. Ich weiß ja nicht, ob Sie es wussten, aber jetzt steht Emma auf der andern Seite der Luegallee … also ich hatte darauf gewettet. Wieder ein Päusken und mal gefragt, wie weit Mama (Schatz) ist. „Die ist so 5 Minuten hinter Dir“ höre ich und bin geschockt. Ich laufe den HM mit 2:18:37 was eine Pace von 6:27 bedeutet und Schatz läuft immer wie‘n Uhrwerk mit 7:30 bis 7:45 … warum rennt die denn heute so ??? Ich sage noch „Mama soll nicht so rennen und vor Allem soll sie sich keine Sorgen machen – bei Mir läuft‘s wunderbar“. Ich wünsch noch Schönen Sonntag und Laufe weiter (was auch sonst). Überbrückung zurück zum Rechten Rhein, wo mich die Zielzeit-Läufer-4:30 überholen … ja, wiedermal ein Wasser in der Hand und einen Schokoriegel mampfend gehe ich ein Stück. „An denen muss ich aber dranbleiben“ denke ich und es läuft wieder.
Ich höre „Mathias, es geht los !“ und denke, „Nee, los ging es vor 24 Kilometern, jetzt geht’s WEITER : fast nochmal soweit.“ Weiter geht’s mit kleiner Schleife über die Kö, wo eben die 2.Staffler-Tauschbörse stattfindet. Die müssen rechts in die Gasse, ich links weil das da so ausgeschildert ist, und plötzlich bin ich auf menschenleerer Straße. Ich glaube, habe mich verlaufen (welch Wortwitz) doch dann sehe ich ganz vorn viele Flitzer queren. Es geht ganz weit in die Nordstadt, bis an die Grenze der Fröhlichkeit. Immer wieder höre ich Leute am Straßenrand „Mathias, Du schaffst das“ und ich dachte „irgendwann vielleicht, aber GEschafft bin ich jetzt schon“. km-27, die magische Marke wo ich bei den 30-ern immer ans Gehen kam, aber es läuft noch. Kinder strecken am Straßenrand die Hände aus zum Abklatschen, was müssen die salzig sein hihi, aber gefreut haben die sich wie Bolle. „Papa, ich hatte wieder Einen“, der größere Bruder: „Ich hatte Zwei“.
Einen Pappdeckel lese ich „Im Ziel gibt’s Bier und Kuchen“ und ich rufe „Wehe das stimmt nicht !“. Wieder eine Wasserstation, doch ich winke ab, es steht mir bereits Oberkante. Da winkt eine Frau mit nem „Laufen macht Sexy“ Plakat und ich : „Ach – Du läufst also auch ?!“. Schön daß ich mich geistig fit halten kann, auf die Eine oder Andere Weise, denn Marathon ist Monothon (hab ich mir selber ausgedacht und allein daran kann man sehen, wie Langlanglang so‘n Lauf ist). km-30, die 4:45 Zielläufer schieben sich Zentimeter für Zentimeter an mir vorbei … ein Deja vu, denn ich denke „Die muss ich ab jetzt im Auge behalten“. Leider gelingt das nicht so ganz 100%-ig, denn es taucht eine Verpflegung auf. Ich greife zu Banane und Cola, hoffe auf diese Weise der Unterzuckerung zu entgehen, denn Schokolade mit Mandeln, meiner Lieblingsmarke Schocköhr (Name geändert) will nun auch nicht mehr rutschen. Da ich bis jetzt sehr wehrhaft geblieben bin, erfasst mich bei km-32 (Höhe Wehrhahn) plötzlich ein Gefühl in der Blase und ich suchte eine Blaue Box auf. Gottseidank muss ich hier nicht SESShaft werden (warum, sag ich nicht) und ich bin echt froh, ganz schnell weiterlaufen zu dürfen … an frischer Luft !
Vor mir kreuzt ein Läufer die Bahn Richtung Bürgersteig und, ich reibe mir die Augen, und schwenkt in die geöffnete Kneipe ein … ja, so‘n Altes (zur Not auch‘n Frisches) könnte mir jetzt auch gut tun. Aber ich habe Prioritäten : nur noch ganz schnell ins Ziel kommen. Naja, ganz schnell, das ist anteilig Gehen 30% und Laufen 60%, wo der Rest hängt, muss ich noch ausrechnen. Jedenfalls schwankt die Pace (besser Die als Ich) nun zwischen 7:03 und 8:15. Oh Mist, km-35 und meine Uhr zeigt 4:04:04, höchste Zeit anzurufen.
Handy raus und … nix. Das Display meldet irgendwas und ich kann‘s nicht entziffern. Ich spreche einen Mann mit Familie an, der etwa so aussieht, als könne er noch Handy mit Tasten bedienen (nicht zu alt und nicht zu jung). Nach etwa 2 Minuten sind „wir“ soweit und die Nummer wählt. Ich danke freundlich und Gehe weiter. Schatz am andern Ende hört mal wieder nichts, sagt „ich denke ja daß Du das bist und daß es Dir gut geht. Ich bin bei km-29“ … ich lege auf. Im Weiterlaufen erinnere ich mich an Emma : „Die ist so 5 Minuten hinter Dir“ und jetzt sind‘s 6 Kilometer ??? Mir geht ein Licht auf, die Große hat wohl am Straßenrand mit Gott und der Welt gequatscht (wofür sie in genaudemselben Personenkreis bekannt ist) und dabei vergeht die Zeit natürlich wie im FLUG. „5 Emma-Minuten halt“ denke ich und laufe weiter. Inzwischen geht’s (mitunter läuft‘s) Richtung Hafen weiter, wieder ein Bechermeer auf Wasserstation und ich nehme lieber einen Schluck aus der Tüte, 37-km das prickelt wenigstens. Ich höre einen Zuschauer sagen „… die mit den hohen Nummern laufen viel schneller, als die niedrigen !“. Lieber Zuschauer : So isses ! Aber ich sehe jetzt AUCH einige Staffel-Läufer mit Gehpausen ?!?
Überdies fällt mir auf, daß ich viele Außenradien gelaufen bin, denn laut Laufuhr habe ich einige Hundert Meter mehr drauf, als offiziell markiert ist. Ich sehe das Riesenplakat „39 km“ ungefähr unter der Rheinkniebrücke und die winzige Bodenmarke dazu … meine Uhr sagt da schon 39.45 km. Wie gesagt, mit irgendwas muss ich mich über Wasser (sprich am Laufen) halten. Noch eine Schleife über die Kö und letzte Verpflegungsstation. Im Unterschied zum Waterpoint gibt’s hier auch Banane, Isogetränk, Cookie-Cola (Name geändert) und der Asphalt im Abgang klebt wie Sau, das reißt Dir fast die Sohlen vom Laufschuh. km-40, ich habe 4:40:45 auf meiner Uhr und ich weiß, daß ich das komische Zucken im Wadenbein ignorieren kann … ich bin drin. Schon sehe ich das Deja vu vom Deja vu, die Zielzeit-Läufer-5:00 ziehen an mir vorbei. Klar, die behalte ich ab jetzt im Auge. Meine Pace auf den letzten 3 km war 7:43-7:50-7:46, alles wird gut (bald).
Etwa 1-km vor dem Ziel schweift mein Blick in die Ferne und bleibt an etwas hängen, was schwarz-gelb aussieht. Biene Maja ? Zu groß ! Es ist Schatz mit knallgelber Laufhose und schwarzem Shirt, die mir auf der anderen Straßenseite entgegenläuft und wir fallen uns in die Arme. Irgendein Läufer ruft „Das ist Doping !“ und ich finde das so lustig. „Du hast noch eine Schleife über die Kö, so etwa 3 Kilometer“ sage ich „für mich ist da vorne Schicht“, deute auf die Rechtskurve. „Toi-Toi-Toi bis gleich“ und dann packe ich meine Hüpften (die schon lange nicht mehr so recht hüpften) und mich auf, versuche ab hier bis zum ersehnten Finale durchzulaufen. Kommt mir das nur so vor, oder geht’s hier leicht bergab, jedenfalls sehe ich die Portale schon von Weitem. „Und hier läuft Mathias mit der Startnummer 1602 aus dem schönen Xanten ins Ziel“ höre ich … sehe aber nicht, wo der Moderator steht. Ich ziehe meine Kappe und schwenke sie hin und her zum Gruß. Der Moderator wechselt sofort auf die Geste und ruft „ … er zieht den Hut vor seiner eigenen Leistung !“ Klasse ! 2019, April, 28, 15:48 Uhr : Beeep-Beeep-Beeep Ich laufe (nee wirklich LAUFE) durchs Ziel und finishe damit meinen Ersten Marathon offiziell in 5:03:08 mit einer Pace von 7:11 Netto. Laufuhr sagt 42,68-km in 5:03:18 (die 30 Meter vor dem Start) in 7:06. Das alles ist mir aber Schnurzwurst (Name geändert) … ICH BIN DRIN ! Das Schönste aber ist : Es geht mir gut, weder ist mir übel, noch habe ich das Gefühl mich hinlegen zu müssen. Wie nach jedem Lauf bekommt es mir wesentlich besser, ein paar Hundert Meter langsam zu gehen, als zu sitzen oder Gymnastik zu machen. Wie gesagt, was für Champion Müller (laut seinem Buch) das Beste ist, muss Meyer, dem Anfänger, nicht zwangsläufig auch gut tun. Zwei Laufkollegen vom SV-Haldern, der Eine hat heute auch Premiere, kommen 10 Minuten nach mir durchs Ziel und wir (Insider) klatschen ab. Christian kenne ich noch aus meiner Standzeit, als ich noch nicht lief … an dieser Stelle, falls Ihr das lest, nochmals meinen Allerherzlichsten Glückwunsch zur Rechten Rheinseite ! Was mir aber auch gut tut, ist meine diebische Freude darüber, daß Schatz‘es Ankündigung nicht eingetroffen ist. Schatz nämlich meinte daß sie mich irgendwo auf der Strecke „einkassieren“ und mich dann mit den Worten „ Hallo mein wissenschaftlicher Laufkollege „ von hinten begrüßen würde. Ich selbst hätte das natürlich wieder lustig gefunden, aber man(n) kann nicht alles haben (Frau auch nicht) doch sie kämpfte sich von 6 auf 3-km Abstand an mich heran … es war eng.
Zum Glück gelang mir, Schatz zu beeindrucken (irgendwas mit 3.000 sollte es ja sein) und ich kam heute auf 3.691-Kalorien … für Nicht-Insider : ich habe diese 3.000 VERLOREN ! Schatz absolviert heute ihren 30. Marathon und das ist eine ganz und gar eigene Liga, die ich selbst niemals erreichen werde. Und schon höre ich die Lautsprecher „ Mit der Startnummer 1593 geht Margret Tetsch vom Lauftreff Xanten durchs Ziel“ und ich sehe Schatz hereinschweben … oh-Gott, sie läuft durchs linke Portal, das ist doch für die Staffel-Läufer, na hoffentlich wird das auch gewertet !
Abklatschen, Umarmung, Glückwunsch und bitte nochmal zurück und lieb nachfragen … Glück gehabt, die Zeit wurde erfasst und eingetragen. Die Medaille ist recht massiv, jemand hängt uns Beiden je eine um, gratuliert und macht (auf Bitten) ein Foto von uns zum Andenken. Noch sind wir im geschlossenen Bereich, werden verpflegt : Rotes Alt (Bier ist bereits aus und wird abgebaut) Bananen, Berliner und mehr. Wir sitzen noch ein bißchen, treffen andere Treffler und werden ganz allmählich hinausgeräumt. Klar, die Ehrenamtler wollen auch zeitnah heim (ist schließlich Sonntag heute). Kleiderbeutel liegen nur noch wenige, ich strecke den Bauch raus und zeige meine Startnummer. Ich hab ihn (den Beutel) binnen Sekunden und wir gehen Richtung Duschen. Der Umkleidebereich ist winzig, so mancher nackte Hintern zeigt sich im Freien, aber die Dusche ist Raindance und Richtig warmes Wasser gibt’s. Was hier wohl in der Rush-Hour los war, das hätte ich gern in Faabe gesehen. Jetzt aber ist kaum noch was los … völlig entspannt. Ein unbekannter Laufkollege ist noch derart randvoll mit Adrenalin, daß er Anderen Zentner voll Koteletts an die Backen quatscht und ich finde das lustig, reagiere humorvoll und moderat gelassen. „So kenne ich Dich garnicht“ höre ich später von Schatz, indem wir langsam durch die Altstadt heimwärts driften und ich antworte ihr „Kannst mal sehen, was so‘n Läufchen alles mit Dir machen kann“.
Wir kehren noch zu Käffchen mit Kuchen ein und wackeln zur U-Bahn. Auch das ist sehr entspannt, denn Läufer haben heute im gesamten ÖPNV Bereich Düsseldorf Freie Fahrt. Den Abend beschließen wir bei GMX (Grieche am Markt Xanten), wo heute auch wirklich Alles darf … nur viel muss es sein. Einer der wenigen unvergesslichen Tage im Leben geht nun zu Ende und ich muss sagen : „ Egal ob ich Marathon Wiederholungstäter werde, dieser Eine ist mir wichtig, weil ich nun im Bewusstsein lebe, diese Herausforderung einst gemeistert zu haben. Aber keine so Absolut Herausragende Leistung, allein hier und heute hatten wir 3.000 Läufer, die fast alle schneller, zT. sogar doppelt so schnell ins Ziel kamen und Hamburg lief heute auch ein Marathon.„ Mit dem Versprechen, immer gern Fragen zu Lauf und Vorbereitung zu beantworten, schließe ich diesen kleinen Bericht mit bescheidenem Stolz und stolzer Bescheidenheit als Euer Laufkollege BMX vom LTX,
Böttcher-Mathias-Xanten vom Lauf-Treff-Xanten